Der Neckermann-Versandhandel, der im Jahr 1948 in Frankfurt gegründet wurde, war – über Jahre hinweg – die Nummer 1 in Europa. Ab den Sechzigern erlebte das Unternehmen zwar immer wieder Umsatzkrisen, Übernahmen, Fusionen, Massenentlassungen und neuerliche Übernahmen, konnte sich jedoch immer wieder retten (oder retten lassen). Am 18. Juli 2012 gab es jedoch keinen Ausweg mehr: „Sun Capital Partners“, der damalige Eigentümer des Versandhandels, ließ das Frankfurter Unternehmen im Stich und reagierte in weiterer Folge auch nicht auf den vorgeschlagenen Mitarbeiterabbau. In weiterer Folge kam es zur Insolvenz – 3.000 Mitarbeiter mussten sich eine neue Arbeit suchen. Am 19. Juli 2012, also einen Tag später, übernahmen bereits die Rechtsanwälte Joachim Kühne und Michael Frege (Kanzlei CMS Hasche Sigle) die Geschäfte und begannen wenig später mit der Abwicklung des Insolvenzverfahrens.
Warum es die Neckermann-Marke noch immer gibt
Fünf Jahre sind bereits vergangen – das Insolvenzverfahren ist aber noch immer nicht beendet. Die Rechtsanwälte können heute zumindest gute Nachrichten verkünden: 70 Prozent der damaligen Mitarbeiter haben bereits einen neuen Arbeitsplatz gefunden – einige Mitarbeiter sogar schon wenige Wochen nach dem Insolvenzantrag. Darunter etwa jene 80 Mitarbeiter, die heute bei „Happy Size“, eine Neckermann-Tochtergesellschaft, die sich auf Übergrößen spezialisierte, unter Vertrag stehen. Neckermann.de ging übrigens an Otto, den Versandriesen aus Hamburg; im Februar 2013 ging die Adresse wieder online. „Wir sind sehr zufrieden“, so eine Otto-Sprecherin. Die Neckermann-Marke sei eine von acht Spezialshops bei Otto – schon im ersten Halbjahr gab es erfreuliche Umsatzzahlen. „Neckermann gehört definitiv zu den erfolgreichsten unserer acht Spezialshops“, so die Otto-Sprecherin. Im letzten Jahr erzielten die acht Spezialshops einen Umsatz von rund 166 Millionen Euro – 200.000 neue Kunden konnten zudem gewonnen werden. Doch warum funktioniert die Neckermann-Marke? Wohl auch, weil es einen besseren Kundenservice gibt – die Otto-Mitarbeiter schließen etwa den neuen Herd im Zuge der Lieferung an und stellen keine Extra-Gebühren in Rechnung; auch der alte Lattenrost wird mitgenommen, wenn der neue Lattenrost geliefert wird. Zudem ist Neckermann.de nun nicht mehr ein Teil eines Großunternehmens – das heißt, dass nun deutlich weniger Kosten gestemmt werden müssen. In der Zwischenzeit versucht man auch die alten Geschäftsflächen, die sich in der Hanauer Landstraße in Frankfurt befinden, zu vermieten. Auch wenn André Otto nichts mit der Versandhandelsgruppe aus Hamburg zu tun hat, so mag es doch ein humorvoller Zufall sein, dass ein weiterer Otto mit der Neckermann-Geschichte zu tun hat. André Otto, der für die „OSWE Real Estate“ tätig ist, will das gesamte Neckermann-Gelände vermieten – das Grundstück misst rund 240.000 Quadratmeter. Otto will stellt vor allem Lager- und Logistikflächen zur Verfügung. Ein Bremer Logistiker hat bereits 65.000 Quadratmeter angemietet; er ist einer von 140 Mietern. Manche nutzen nur ein Büro, andere Unternehmen – so die BLG – haben größere Flächen angemietet. Unter den Mietern befinden sich etwa Online-Händler, chinesische Firmen oder auch Schmuck-Online-Händler. Ein gutes Drittel steht jedoch noch zur Verfügung.
“Das Verfahren dauert wohl noch fünf Jahre“
Gibt es auch Neuigkeiten in Sachen der Insolvenz Neckermann? Kühne, der als Insolvenzverwalter bestellt wurde, kann – aufgrund des laufenden Verfahrens – keine genauen Details verraten. Zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags gab es 50.000 Lieferanten und neun Millionen Kunden, die nun allesamt Gläubiger seien. Im Zuge der Vermögensverwertung sei man bereits recht fortgeschritten – übliche Rechtsstreitigkeiten „gehören aber einfach dazu“, so Kühne. Genau deshalb gibt es auch keine Informationen zur Insolvenzsumme oder der möglichen Quote. Noch ist nicht klar, über welche Summe die Gläubiger in weiterer Folge diskutieren dürfen. Zudem ist eine schnelle Beendigung des Verfahrens nicht in Sicht – folgt man der Einschätzung des Insolvenzverwalters, so ist mit einem Abschluss in den „nächsten fünf Jahren“ zu rechnen.